21. Dezember 2007
Über Homer wusste man bisher fast nichts. Legenden zufolge war der Verfasser der „Ilias“ ein blinder Sänger aus einer der griechischen Kolonien in Kleinasien. Auch zur Entstehung seines Epos vom Troianischen Krieg sind die Theorien so vielfältig wie umstritten. Der österreichische Schriftsteller Raoul Schrott hat die „Ilias“ neu übersetzt - und ist im Zuge seiner Beschäftigung mit dem Werk auf eine Sensation gestoßen.
Schrott zeichnet ein ganz neues Bild: Der Dichter lebte in Kilikien, heute Türkei, als griechischer Schreiber der assyrischen Machthaber. Beider Konflikte verwob Homer in sein Werk, ebenso wie das Gilgamesch-Epos und das Alte Testament. Die größte Überraschung: Vorbild für Troia war Karatepe, eine Hauptstadt Kilikiens.
Neue Flügel
All dies stellt das Homer-Bild der Wissenschaft in Frage: „Die Verbindung mit Kilikien ermöglicht es, die Entstehung nicht bloß des Epos, sondern auch griechischer Geschichte und Kultur zu überdenken“, sagt Christoph Ulf von der Universität Innsbruck.
Josef Wiesehöfer, Universität Kiel, erklärt, Schrott eröffne „nicht nur dem Nichtfachmann, sondern auch dem Altertumskundler neue Zugänge zur ,Ilias'“. Barbara Patzek, Universität Duisburg, prophezeit: „Homer ein Lehrling der neuassyrischen Schreiber? Diese Idee wird der Diskussion um den historischen Homer neue Flügel verleihen!“
Wer Homer wirklich war, wo er lebte und warum der Schauplatz der „Ilias“ nicht Troia gewesen sein kann, erzählt Schrott in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Samstag, den 22. Dezember.